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Norient Blognotes #8

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Während in Kanada fleissig und sinnbefreit Hände gewaschen werden, grassiert in Afrika Ebola. Was das mit Pop zu tun hat, lesen Sie in der achten Ausgabe der Norient Blognotes. In dieser Folge finden wir ausserdem Johann Sebastian Bach in den Untiefen des südamerikanischen Cumbia wieder, tanzen zu Sufi-Musik in der Disco und begegnen einer japanischen Band, die übersetzt etwa so viel heisst wie «der Softwarefehler von 1999».

«Musik ist ein objektives Abbild allen Wollens dieser Welt.»
Arthur Schopenhauer

Immer wieder werden äusserst geistreiche Dinge über Musik zum Besten gegeben. Von Schopenhauer bis Kerouac, von Beethoven bis Bob Marley. Auch in der Gegenwart machen sich Musiker und Musikerinnen fundierte Gedanken über ihr Arbeitsgebiet. Noisey hat die besten und unvergesslichsten Promi-Zitate über Musik zusammengestellt. Ein Blick in die Listes lohnt sich, mit Platz 1 starten wir diese Ausgabe der Norient Blognotes mit einem schwungvollen Augenzwinkern:

Ein Typ, der seine Liebe für einen Grossteil seines Lebens allem voran dem Vinyl verschrieben hat, ist der Record-Store-Besitzer Paul Mawhinney aus Pittsburgh. In über 40 Jahren sammelte er mehr als drei Millionen LPs und 45s und häufte das Vinyl zur grössten Vinyl-Sammlung der Welt an. Jetzt hat er die Sammlung verkauft, an den brasilianischen Busmagnaten Zero Freitas in São Paulo. Die Geschichte hinter den beiden besessenen Vinyl-Sammlern erzählt The New York Times Magazine. Über den Käufer Freitas ist da zu lesen: «Freitas is a wealthy businessman who, since he was a child, has been unable to stop buying records. «I’ve gone to therapy for 40 years to try to explain this to myself.» Aber lasst uns nun wieder eine musikalische Weltreise durch vier Kontinente antreten. Beginnen wir dort, wo wir eh schon sind, in Amerika.

Amerika

Den Anfang macht die kanadische Rock-Band Suuns aus Montreal mit einem fantastischen, absurden Kurzfilm als Video zu ihrem neuen Track «Sunspot»:

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Zum Video schreibt Suuns-Frotmann und Regisseur Ben Shemie auf der Page ihres Labels Secretly Canadian:

This video is based around hands. Dirtying ones hands, blood on the hands, and cleansing ones hands of sin are the themes that drive the imagery in this video. I saw Richard Serra’s «Hand Catching Lead» video at the Metropolitan museum in NY a few years ago. Despite all the monumental works, this small raw video stuck with me the most. Something about the simplicity about looking at the artist’s own hands, the realness was very intense. It is Serra’s work that provides the visual inspiration behind this video.

The compulsion of washing ones hands – absolution of sin – is very powerful. This compulsive behavior, regardless of the context, can relate to all of us. This one-take sequence that closes the video is not only physically demanding, but also very challenging to the viewer. Repetition, the common thread of the droney nature of Suuns’ music, plays tricks on our sense of time and drives the fanatical and compulsive themes of the video to the edge of our tolerance.

Vom Klo auf die Tanzfläche: Während Twerking schon lange im globalen (weissen) Pop-Mainstream angelangt ist (so erhitzte das neue Video von Taylor Swift die Gemüter), erschüttert eine tragische Nachricht die Bounce-Community in New Orleans: Vor wenigen Tagen ist dort überraschend und mit nur 24 Jahren Nickesse Toney aka. Nicky da B verstorben – die Todesursache ist noch nicht bekannt. Im Gedenken an den aufstrebenden Musiker das Video seiner Zusammenarbeit mit Produzent Diplo:

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Mit queerer Theorie und Musik beschäftigt sich die aktuelle Ausgabe des zweimal jährlich erscheinenden französisch- und englischsprachigen Onlinejournals Transposition. Musiques et sciences sociales. Die Artikel beleuchten von «Classical Concert Music and Queer Listening» über «Boy Bands, Drag Kings, and the Performance of (Queer) Masculinities» bis hin zu «‹The Cult of the Diva› – Rufus Wainwright as Opera Queen» eine breite Palette an Themen und Blickwinkel zu queerer Theorie und Musik.

Schliesslich ist von der queeren Bounce Musik New Orleans’ der Schritt zum jamaikanischen Dancehall zumindest in musikalischer Hinsicht kein riesiger. In ihrem Feature auf The Fader beleuchtet Erin Hansen das Verhältnis von weiblicher Sexualität und Dancehall und erläutert anhand verschiedener Video Clips, dass Sprache und Körperspiel entscheidende Rollen in der Neudefinition und Rückeroberung von weiblicher Sexualität in der Welt des Dancehalls spielen – «Sexual Empowerment» statt «sexistisches Machotum».

Ein Essay von DJane Vivian Host widmet sich derweil dem Baltimore Club. Host untersucht – ebenfalls mit reichlich Videobeispielen ausgestattet –, wie der Discotrack «Sing Sing» von Gaz (1978) zum Rückgrat der Baltimore Clubmusik wurde und wie dieser später nach New Jersey migrierte. Let’s hear it!

«Sing Sing is like that lady in the Southern Baptist church with the tambourine – until the lady starts hitting the tambourine, the church don’t start jumping.» DJ Technics

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Wenn wir schon beim Lesen sind: Dazed Digital stellte die Liste «Essential American Music Reads» mit jenen zehn Bücher über amerikanische Untergrund-Musik, die jeder kennen sollte. Neben Büchern zu Indie, Noise und Rap sind etwa auch die Aufzeichnungen von Alice Bag, Leadsängerin der Punk-Band The Bags:

Violence Girl

Und nun runden wir den amerikanischen Teil dieser Tour d’Horizon mit etwas Musik ab. Den Anfang macht der vom Label Man Recordings als Brasiliens «super pop boss» betitelte João Brasil. In seinem neusten Track «Swag da cor» – eine Hommage an Axé-Star Daniela Mercury – mixt Brasil von Axé, Rasterinha, Space-Pop und Jazzy B inspirierten Dancebeats ungefähr alles zusammen, was das Herz begehrt.

Zweitens stellte der Blog Generation Bass stellte ein wunderbares Cumbia-Roundup zusammen, welches so manche akustische Perle zum Vorschein bringt. Schon gewusst, dass auch Johann Sebastian Bach (Fuge in g-Moll, BMV 578) sein Unwesen in den Untiefen des Cumbia treibt (oder vielleicht eher, dass der Cumbia sein Unwesen mit dem Altmeister treibt…)?:

Man kann davon halten, was man will. Wir verlassen nun also den amerikanischen Kontinent mit einem letzten Video des New Yorker Electro-Produzenten Cubby. Die etwas abgespecktere Version des düsteren und merkwürdigen Videos (Cubby und Josh Goleman) gibts via YouTube, die ausgedehnte – absolut sehenswerte – Version via Dazed Digital.

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Asien

Akaliko Records aus Bangladesh hat eben die Compilation Nyurutsu mit einem bunten Strauss an Sounds aus der elektronischen Szene Dhakas veröffentlicht. Dahinter steckt Faisal Mohammad Khan, der für Norient «5 Video Clips from Bangladesh» zusammengestellt hat.

Diesen Sommer hatte der Terror des Krieges den Gazastreifen fest im Griff. Eine ganz andere Seite des Elends hat der DJ und Autor Jace Clayton bei einem Besuch im palästinensischen Flüchtlingslager Shatila in Beirut erleben können. Seine Gastgeber versäumten es nicht, ihn vor seiner Abreise mit frischem Zimt und Liebesliedern aus Palästina einzudecken. Zwei dieser wunderschönen Lieder können auf seinem Blog angehört werden. An anderer Stelle ist derweil auf eine Kurzdoku über die palästinensische Rapperin Shadia Mansour – die bereits in den letzten Blognotes präsent war – hingewiesen worden:

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«Ab in die Sufi-Disco» titelt Arte und zeigt auf seiner Website ein kurzes Video von Romane Tauvry und Surabhi Tandon über die indische Metropole Neu Dehli, wo die seit mehr als 750 Jahren existierende traditionell Sufi-Musik wieder «in» ist. Musik und Islam ist auch Thema eines neuen Buches, herausgegeben von David D. Harnish und Anne K. Rasmussen. In Divine Inspirations: Music and Islam in Indonesia kommen führende Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen im Bereich der Indonesischen Kunst zu Wort. Eine Rezension ist hier erschienen.

Innert wenigen Monaten zu Weltruhm gebracht, haben es die drei Musikerinnen von der japanischen Noise-Rock-Band Niesennenmondai. Der Bandname bedeutet übersetzt etwa so viel wie «der Softwarefehler von 1999». Während einer UK-Tour hatte The Quietus die Möglichkeit, eines von den wenigen Interviews mit den drei Japanerinnen zu führen. Dabei diskutiert Tristan Bath die hypnotisierenden Klangreisen des japanischen Trios in den Grenzbereich zwischen Noise, Rock und Dance.

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In einer ausführlichen Reportage berichtet Caterina Lobenstein von Zeit Campus von ihrem Besuch bei den Punk-Rockern Darko und Scum in Rangun, der grössten Stadt des südostasiatischen Myanmar – ehemals Burma. Lobenstein berichtet von einer Freundschaft, die in der gemeinsamen Vorliebe für Punk-Musik und der Rebellion gegen die Militärdiktatur entstanden ist, die beiden Bands Side Effect und CultureShock und davon, wie sich das Land und die Freundschaft zu verändern begannen.

Bevor wir nun nach Afrika wechseln, sei dieser spannende Hinweis auf eine aktuelle Neuerscheinung noch erwähnt. Thomas Burkhalter von Norient schreibt unter dem Titel «Ethnische Minderheiten im Remix»: «Der Franzose Laurent Jeanneau nimmt seit Jahren Gesänge und Musik ethnischer Minderheiten in Asien auf und veröffentlicht die Feldaufnahmen auf seinem Label Kink Gong Recordings. Für sein neues Album The Lisu hat er nun Aufnahmen der Lisu Gruppe aus China, Myanmar und Thailand zu einem exklusiven Mix zusammengestellt: Gongs, Gesänge und Geräusche verbinden sich zu einer vielfältigen Klanglandschaft. Veröffentlicht auf der wunderbaren Plattform Discrepant

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Afrika

Ebola breitet sich nach wie vor über zahlreiche Länder Afrikas aus. Kein Tag, an dem nicht über neue Krankheitsfälle berichtet würde. Wie schwierig vielerorts der Kampf gegen die Ausbreitung des Virus’ und der Einsatz für Präventionsmassnahmen sind, ist kaum vorstellbar. In Liberia ist nun auch die Popmusik als offenbar nicht zu unterschätzendes Kommunikationsmedium der Präventionsstellen und UNICEF gegenüber der Bevölkerung entdeckt worden, wie Noisey berichtete.

Besonders viele neue Sounds erreichten uns in den letzten Wochen aus der Demokratischen Republik Kongo. Gleich mehrere Neuveröffentlichungen sind in der Blogwelt eifrig diskutiert worden. Da wären einmal die Kasai Allstars mit ihrem «Bastard-Pop» (NZZ) und dem neuen Album Beware the Fetish. Afropop.org schreibt über das Album:

Congotronics 5: Beware the Fetish (Crammed Discs) is a double CD of «tradi-modern» hybrid music out of Kinshasa – an intoxicating swirl of xylophones, lamellophones, deeply booming and loosely buzzing drums, bottles and bells, melodious electric guitar, and call-and-response voices that intermingle with the instruments and lift to dreamily grooving heights.

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In demselben Blogbeitrag stellt Afropop.org zwei weitere Alben aus der kongolesischen Diaspora vor. La Rumba Soyo von Ricardo Lemvo & Makina Loca (Los Angeles) und Black Bazar Round 2 (Lusafrica) eines Pariser Kollektivs von afrikanischen Musikern und Musikerinnen mit meist kongolesischem Hintergrund.

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Doch damit ist noch nicht genug. Bawuta Kin, Rap-Pioniere aus Kinshasa, meldeten sich mit einer neuen Single zurück. Africanhiphop.com schreibt über «Sans Sacrifice»:

Their new single is a similar mashup of styles, there are references to coupé décalé, rumba and traditional dances (think of Classic Swede Swede whose 1991 album «Toleki Bango» is a classic), while the rapping balances between the «atalaku» style popularized by the emcees who join Congo’s biggest musicians on stage and on record, and a more international flow.

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Der amerikanische Musikblog Afropop.org hat übrigens als Reaktion auf das Uganda-Roundup von Norient ein Follow Up zusammengetragen, um die ihrer Meinung nach bei Norient vernachlässigten, in Uganda aber äusserst populären weiblichen Stimmen zu berücksichtigen.

Aus Ägypten dringen neue Electro Chaabi-Tracks von Ehab Karika (via Generation Bass) zu uns, die uns in die etwas nördlicheren Gefilde Afrikas führen:

Wer sich überhaupt für neue Sounds aus dem Norden Afrikas interessiert, der ist beim neuen Afropop.org-Dossier «Borderless Sounds: The New North Africa» bestens aufgehoben. Darin entdeckt der Blog «everything from the gleeful synths and Autotuning of raï’n’b to the m’rastas of Gnawa reggae and the mythology-based Berber metal scene». Hier gibt es ein ausführliches Roundup über verschiedenste innovative Namen und hier ein Interview mit Christophe Hancox über «Berber Metal and Acid Tamazgha.» Letzteres ist eine nordafrikanische Psychadelica-Compilation aus den 70er-Jahren.

Den afrikanischen Teil dieser Blognotes schliessen wir nun mit Mauretanien und Südafrika. Der folgende Track von Noura Mint Seymali ist bereits in der Dark Summer Selection 2014 von Norient mit eingebunden und dort auch von ihr kommentiert worden. In den Blogs war Mint Seymali diesen Sommer immer wieder Thema, bei The Quietus und The Fader mit einem Interview.

Und nun Südafrika. Für den Blog Africa is a Country kommentierte Ngoan’a Nts’oana die Situation des südafrikanischen Hip Hops und kommt dabei zu einem harschen Urteil:

South African hip-hop has become too safe. Cutting edge rappers are being sidelined in favour of tried-and-tested mainstays – creating a cycle of regurgitated talent that receives preferential treatment by radio stations, booking agents, and sponsors. Doubtless, the artists in the spotlight have dedicated endless hours to their craft, and the fact that their work is paying off is something to be celebrated.

Dem Blogeintrag angefügt ist eine Soudcloud-Playlist mit den Top 10 des südafrikanischen Hip Hops in der ersten Hälfte 2014. Wir ergänzen die Liste am Ende lediglich mit dem neusten, sehenswerten Video von Okmalumkoolkat.

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Europa

Bleibt noch der Blick auf Europa. Wir beginnen im hohen Norden, beim Label Hubro in Norwegen. Unsere österreichischen Kollegen von Skug beehrten das kleine Label mit einem Portrait. Eine kleine Kostprobe des entschleunigten Hörgenusses gibt es hier:

Nicht minder interessant ist eine kürzlich beim englischen Label Folklore Tapes erschienene CD-Box mit dem Titel Devon Folklore Tapes: Theo Brown & The Folklore Of Dartmoor. Eine ausführliche Rezension gibt es hier und hier einige Zeilen des Labels selbst zu dem Projekt:

Theo Brown and the Folklore of Dartmoor explores the stories and folk-beliefs of seven Dartmoor villages through experiments in sound and vision. It also celebrates the life of the late folklorist and artist Theo Brown, whose publications, papers and woodcuts have lain dormant in the archives at Exeter University since her death in 1993. Using Brown’s unpublished research, Ian Humberstone and David Chatton Barker have crafted an audio-visual retelling of Dartmoor folklore grounded in the moor’s topography, history and folk-culture.

«Mit seinem futuristischen New Wave-Space Rock mischt Tesla-Tonband-Tüftler Rodion Roșca Mitte der 70er die rumänische Musik auf. Als er sich in den 80ern frustriert von der sozialistischen Zensur vom Musikmachen zurückzieht, geraten seine alten Tonbänder in Vergessenheit – bis das Bukarester Musikerkollektiv Future Nuggets 2012 zufällig auf seine alten Aufnahmen stösst», schreibt Arte im Lead eines Artikels über den rumänischen Tüftler. Wir könnens nicht lassen, den Sound auch hier klingen zu lassen:

Generation Bass berichtete im Zusammenhang mit der Veröffentlichung eines Samplers kürzlich von einem neuen Phänomen aus dem Balkan names Folkstep:

It’s not all Balkan Dubstep and so some of you don’t need to despair but it is made up of Balkan tunes transformed into every conceivable Bad Boy Balkan Bass Badness imaginable including many of his own edits and tracks by notables like Balkan Beat Box, Shazalakazoo and DJ Superstereo amongst many others.

Wir nähern uns allmählich dem Ende dieser Blognotes. Noch zwei Stationen verbleiben. Die erste davon ist UK: Unter dem Titel «Practical Utopianism: Simon Frith Interviewed» stellte sich der englische Musikkritiker, Historiker und Soziologe den Fragen von The Quietus und sprach über die Erfahrung, Livemusik zu hören, Musikkritik im digitalen Zeitalter und den Platz von Protestmusik in einer Gesellschaft, die nach Massenkonsum strebt. Ein äusserst aufschlussreiches Interview, das im Kontext mit Frith’ neuer Buchveröffentlichung The History of Live Music in Britain, Volume I: 1950-1967 steht.

Schliesslich landen wir in der Schweiz und lassen die Blognotes mit zwei Hinweisen ausklingen. Zum einen ist da der Blog Dispokino, der den Schweizer Jazz- und Elektronik-Musiker Bruno Spoerri in seinem Studio besucht hat und darüber einen lesenswerten und reich bebilderten Blogeintrag aufgeschlatet.

Zum anderen ist da der Spoken Word Pionier Jurczok 1001, der mit All die Jahr eine neue, vom Musikblog 78s als «Traumwelt» bezeichnete EP vorgelegt hat.

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